Wer sich das seit kurzem auf PlayStation 3 und Xbox 360 erhältliche Swarm anschaut und spielt, wird vom ursprünglichen Spielkonzept nicht mehr allzu viel mitbekommen. Eine schlechte Sache ist das nicht unbedingt, ein kurzer Blick in die Geschichte des Spiels ist aber dennoch lohnenswert.
Swarm begann mit einer Forschungsarbeit über künstliche Intelligenz von Dr. Mike Hayward, daraus entstand ein Spielkonzept über eine Horde einzeln gesehen strohdummer blauer Zeitgenossen (den auch im veröffentlichten Spiel titelgebenden Swarmites), die durch Nachahmen im Schwarm langsam lernen, mit ihrer Umwelt zu interagieren. Der Spieler sollte also ursprünglich mit einzelnen Swarmites gewisse Handlungen (Nimm Ball, Springe etc) vormachen und die anderen Swarmites würden diese Handlungen nachahmen und so Aufgaben lösen. Die Hintergrundstory ging grob um eine dystopische Zukunft, in der die Erde durch menschengemachte Katastrophen mehrheitlich zerstört wurde und die Swarmites nun zum Aufräumen geschickt wurden. Ihre Gegner waren dabei technische Gerätschaften und Maschinen. Beispiele dafür finden sich in unserer Konzept-Galerie.
Warum im fertigen Spiel die Hintergrundstory mehrheitlich gestrichen wurde, ist nicht wirklich klar – warum die grundlegende Spielmechanik des Nachahmens nicht mehr verwendet wird, aber relativ einfach zu erklären: Mike Haywards Arbeit war offensichtlich zu gut, die Swarmites lernten viel zu schnell und konnten so bald die meisten Aufgaben völlig selbstständig lösen, der Spieler war quasi zum Zuschauen verdammt. Deshalb entschied man sich für ein anderes Gameplay – die Swarmites werden nun alle auf einmal und direkt gesteuert.
 Dabei gibt es keinen Overlord, der seine Minions durch die Gegend scheucht und keine Manipulation der Umgebung wie in Lemmings. Stattdessen steuert man die Swarmites ähnlich wie einen einzelnen Charakter per Controller. Die maximal 50 Swarmites laufen in die vorgegebene Richtung, können auseinander gehen, um eine größeren Bereich des Levels auf einmal abzudecken, enger zusammenrücken, um schmale Wege zu begehen und springen. Zusätzlich lassen sich diese Bewegungen auch kombinieren, so kann man mit einem zusammengerückten Schwarm eine Art Schlag ausüben, um Hindernisse zu beseitigen oder einen Turm bilden, um höhergelegene Objekte zu erreichen. Die meisten Bewegungen gehen sehr schnell automatisch von der Hand, einzig der Turm ist teilweise sehr nervig durch seine Instabilität. Außerdem erwischt man durch die Dreidimensionalität der Level und aufgrund des sehr schmalen Abdeckungsbereichs des Turms nicht immer sein gewünschtes Ziel.
Die eigentlich mal zentrale künstliche Intelligenz ist leider nicht mehr wirklich für das Gameplay relevant, allerdings sorgt sie weiterhin für den einzigartigen und leicht morbiden Humor von Swarm. Das liegt vor allem an den Hindernissen in den Leveln. Denn neben einfachen Abgründen gibt es alles, was man sich an grausamen und garantiert tödlichen Fallen vorstellen kann: Kreissägen, Giftgas und explodierende Fässer sind nur die einfachsten Beispiele, später kommen auch andere „Kreaturen“ als Gegner zum Einsatz und es gibt große Bossgegner. Es gibt sogar Medaillen für eine bestimmte Anzahl an spezifischen Todesarten. Hinzu kommt, dass die Swarmites immerhin ihren Mangel an Intelligenz aus dem Ur-Konzept behalten haben. Gibt man etwa den Befehl, Kisten aufzuheben und zu werfen, greifen einige Swarmites lieber zu ihren Kollegen. Auch wenn man sich einfach nur durch die Level bewegt, haben die Swarmites keinerlei Selbsterhaltungstrieb und rennen blind in eine Falle nach der nächsten. Glücklicherweise finden sich an jeder Ecke Brutstätten, an denen man seinen Schwarm (ähnlich wie in Overlord) wieder auf seine volle Größe aufstocken kann.
 Dabei ist das Spielziel keineswegs, alle Swarmites am Leben zu erhalten. Um weiterspielen zu können, muss nur ein einziger Swarmite am Leben bleiben. Doch der Grund für all die Level ist das Sammeln von rosa leuchtenden „DNA“-Kugeln und dafür braucht man oft eine Mindestanzahl an Swarmites, um Schalter auszulösen. Ansonsten sammelt man frei herumliegende Kugeln ein oder findet sie in zu zerstörenden Kisten und Gegnern. Damit erhält man Punkte, die man für den Levelfortschritt dringend benötigt. Die Levelanzahl selbst ist vergleichsweise gering und bis auf wenige Ausnahmen ist es auch recht einfach, mindestens einen überlebenden Swarm zum Ende zu bringen. Doch um wirklich im Spiel voranzukommen, braucht man eine Mindestpunktzahl und die erhält man nur durch einen möglichst hohen Multiplikator. Dieser läuft mit der Zeit aus, sofern man nicht weiter DNA einsammelt oder strategisch Swarmites opfert. Das bedeutet, dass man jeden Level mehrfach spielen muss, um einen optimalen Weg zu finden und mit Hilfe eines hohen Multiplikators hohe Punktzahlen zu erreichen.
Vor allem wer diese manchmal leicht frustrierende, aber meistens aufgrund der sehr humorvollen Inszenierung spaßige Highscore-Jagd liebt, wird auch Swarm lieben. Seit der Gründung von Hothead ist Swarm in Arbeit und wurde lange Zeit zu Gunsten von Projekten wie den Penny Arcade Adventures und DeathSpank „vernachlässigt“, doch diese lange Zeit hat dem offensichtlichen Herzensprojekt des Entwicklungsteams nicht geschadet und ich werde sicherlich noch Stunden auf Highscorejagd verbringen.Was lange währt, wird also endlich gut? Meiner Meinung nach definitiv ja - selbst wenn ich ja nicht ganz objektiv bin ;-)
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